Andacht zu Christi Himmelfahrt

Liebe Gemeinde,

ein beliebter Feiertag kommt auf uns zu und auch er gehört noch immer zum Osterfestkreis: Christi Himmelfahrt! Was dieser Feiertag mit Ostern zu tun hat, das können Sie aus der nachstehenden Andacht erfahren.

Für diejenigen, die mich noch nicht kennen, möchte ich noch kurz erklären, dass ich gerade den Dienst als Pfarrerin in der Gemeinde Freisenbruch-Horst-Eiberg aufgenommen habe und zwar als Vakanzvertretung. Ihr Pfarrteam hat sich überlegt, wie wir Ihnen auf unterschiedliche Weise diesen bevorstehenden Feiertag nahe bringen können. Meine Andacht soll nun eine Möglichkeit darstellen, neben dem ausgelegten Gottesdienst meiner Amtsschwester in Schriftform auf den Friedhöfen z.B., oder der Telefonandacht meines Amtsbruders.

Christi Himmelfahrt nach Apostelgeschichte 1, 1-1

Den ersten Bericht habe ich gegeben, lieber Theophilus, von all dem, was Jesus von Anfang an tat und lehrte bis zu dem Tag, an dem er aufgenommen wurde, nachdem er den Aposteln, die er erwählt hatte, durch den Heiligen Geist Weisung gegeben hatte. Ihnen zeigte er sich nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich Gottes. Und als er mit ihnen beim Mahl war, befahl er ihnen, Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, die ihr – so sprach er – von mir gehört habt; denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem Heiligen Geist getauft werden nicht lange nach diesen Tagen.

Die nun zusammengekommen waren, fragten ihn und sprachen: Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel?

Er sprach aber zu ihnen: Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat; aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.

Und als er das gesagt hatte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf, weg vor ihren Augen.

Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht gen Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.                                  Lutherbibel 2017

Liebe Gemeinde,

Christi Himmelfahrt feiern wir. Eines der schönsten Feste im Kirchenjahr, obwohl viele Menschen mit diesem Begriff „Christi Himmelfahrt“ gar nichts mehr anfangen können, aber schön finden sie den Tag trotzdem und in diesem Jahr ganz besonders. Warum? Dafür gibt es viele Gründe und ich beginne mal mit denen, die sozusagen vor Augen liegen, die wir sehen, riechen, fühlen, verstehen, erkennen können.

Viele Menschen in unserem Land haben heute frei, genießen eine Auszeit vom Alltag, der seit mehr als einem Jahr sehr belastet ist. Einmal kurz aufatmen, nicht einkaufen müssen mit der scheußlichen Maske, unter der man so wenig Luft zum atmen hat, wo doch die Luft draußen gerade jetzt so wunderbar ist.

Das führt auch gleich zum nächsten Grund, der gleichzeitig besondere Freude verspricht: der Frühling. Den hat Corona nicht verbieten können. Es grünt und blüht um uns herum und unser schöner Feiertag liegt mittendrin: im Frühling, zwischen Vogelgesang, duftenden Blüten, wärmender Sonne, hellem Tageslicht und trotzt damit dem Dunkel der Corona-Nachrichten, die inzwischen auch ganz langsam wieder besser werden.

Der dritte Grund: die aufkeimende Hoffnung auf ein Leben mit Begegnungen, die Freude auf ein Leben, das wieder „halbwegs normal“ verlaufen kann.

Und wie heißt es doch immer so schön? Das Beste kommt zum Schluss! Und damit komme ich nach meinem kleinen Abstecher auch gleich wieder zurück auf unseren schönen Feiertag „Christi Himmelfahrt“, der für uns Christen über all die angeführten Gründe hinaus sogar an erster Stelle steht, was den Grund zur Freude und zur Hoffnung angeht und das auch noch nachhaltig, wo wir doch in einer Zeit leben, in der Nachhaltigkeit groß geschrieben wird.   

Niemand hat die Ursache dieser Freude besser beschrieben, als Martin Luther in seiner Himmelfahrtspredigt von 1533, in der er schreibt: „Hüte dich, dass du ja nicht denkst, Christus sei an Himmelfahrt weggefahren. Nein, lieber Christ, genau umgekehrt ist es. Als er noch auf Erden war, da war er uns ferne. Jetzt ist er uns nah. So musst du Himmelfahrt verstehen und feiern, sonst fehlt es dem Tag an Saft und Kraft.“

Ich kann verstehen, wenn der Eine oder die Andere die Freude über diese Wahrheit noch nicht recht für sich in Anspruch nehmen kann, weil es durchaus ein wenig verwirrend klingt. Vor Ostern ist Jesus ganz nah bei seinen Jüngern und den Menschen seines Volkes. Er heilt, er liebt, er segnet, er hört zu, er verbindet die Menschen mit Gott, dem himmlischen Vater.    Nach Ostern zeigt er sich den Jüngern, ist dann lange Zeit gar nicht mehr präsent, um dann am 40. Tag in den Himmel entrückt zu werden. „Na, wenn das nicht weg ist … „, wird jetzt sicherlich manch ein Zeitgenosse denken.

An dieser Stelle möchte ich an unser Glaubensbekenntnis erinnern, in dem es heißt: „… aufgefahren in den Himmel, sitzend zur Rechten Gottes“. Dort ist er nämlich, der rechtmäßige, angestammte Platz des Gottessohnes.

Dann sind wir wohl doch alleine? Ohne Jesu Trost und Wegbegleitung, ohne seine Liebe und seine Heilkraft?

Nein, liebe Gemeinde, ganz im Gegenteil und das ist das Beste an Christi Himmelfahrt:  Vor Ostern galt seine Liebe und seine Hinwendung den Menschen, denen er auf seinen Wanderungen in seinem Land begegnet ist, fern von uns, wie Luther bereits sagte! Doch durch Karfreitag und Ostersonntag und letztlich durch seine Himmelfahrt wurde er zu dem Christus, der Jedem von uns nah sein will. Indem der Gottessohn seinen rechtmäßigen Platz eingenommen hat, gilt seine Liebe nicht mehr nur den Menschen seiner Zeit, oder seines Volkes, sondern das Spektrum seiner Liebe hat sich um ein Vielfaches erweitert. Sie gilt jetzt allen Menschen, weltweit. Auch uns, jedem Einzelnen, hier in Essen.

Jetzt ist er uns nah. Nie weiter entfernt als ein Gebet weit. Niemals so weit, dass er die Tränen der Traurigen, die Hoffnungslosigkeit der Verzweifelten nicht sehen würde. Niemals so weit, dass er nicht wüsste um die Sorge der Existenzbedrohten, um die Ängste der Kranken. Niemals ist dieser Gottessohn so weit weg von uns, dass er die Schmerzen und das Leiden der Menschheit nicht mitfühlen würde.

Ja, das ist das Beste an Christi Himmelfahrt, ein nachhaltiger Grund zur Freude für uns Christen, dass wir wissen: wenn der Frühling schon längst wieder vorbei ist und wir auch von Corona langsam wieder genesen sind, dann ist Christus, der Gottessohn immer noch bei uns, bei all den Menschen, die sich mühen, in seinem Namen den Himmel ein wenig schon auf diese Erde zu bringen.

Wie tröstlich, liebe Gemeinde, dass wir durch Christi Himmelfahrt die Gewissheit haben können, dass gerade dieser, unserer Erde in ihrer Zerrissenheit, in ihrem ganzen Leid und in ihrer Dunkelheit die Verheißung Gottes gilt, dass er ihr nahe ist.

Ein Lied aus der jungen Kirche Afrikas bringt es zum Ausdruck: „Wir hören sein Wort, das uns Kräfte verheißt. Wir leben von ihm und seinem Geist. Er schenkt uns Glauben ans Licht in der Nacht; ans Kreuz, die verborgene Ostermacht. Wir wissen um Jesu Himmelfahrt und rechnen mit seiner Gegenwart“.

Das wünsche ich uns allen, liebe Gemeinde, dass wir dieses schöne Fest feiern können, mitten im Frühling und darüber hinaus, in dem Glauben, dass Jesus Christus uns täglich nahe ist und unseren Weg begleitet, wohin er uns auch führen mag.

Amen.

Einen gesegneten Feiertag, im Namen Ihres Pfarrteams mit Pfarrerin Jager und Pfarrer Zechlin wünscht Ihnen

Ihre Pfarrerin Birgit Niggeling